Die Linke

Ich dachte, es ist an der Zeit, etwas über die Partei Die Linke zu schreiben. Der Betreff ist mal wieder, so wie er ist, darum geht es, das steht in dem Betreff, ich nehme noch nicht vorweg, zu welchem Fazit ich komme – den Beitrag muss man dazu schon lesen. Warum denke ich über Die Linke nach? Für mich ist diese Partei eine Art Novum, ein neues Phänomen, aber auch ein schwer einzuschätzender Faktor. Es gab mal eine Vier-Parteien-Landschaft, Grüne, FDP, CDU und SPD. Plötzlich ist dieses Spektrum gestört und die Linke hat viel Ehrgeiz bewiesen und immer wieder Spitzenpositionen erobert. Anders als die Grünen haben sie im Bund bisher keine Erfahrungen gesammelt, dafür intensive Erfahrungen auf Landesebene und eben auch im Bundestag. Sie haben sich Positionen in allen wichtigen Themen gesucht und vertritt dort bestimmte Haltungen. Die Geschichte der Linken ist insofern schon auch eine Geschichte über Geschwindigkeit, sie waren einfach furchtbar schnell. Das kann man von den Grünen, mit denen sie wohl am Häufigsten verglichen werden, einfach nicht behaupten. Bei den Grünen gab es auch Zeiten wie zur Wende 1990, als sie eigentlich kaum aktiv waren, Zeiten der Erneuerung und Veränderung durchlebten. Die Grünen haben sich mit der deutschen Geschichte verändert und wenn es einen größeren Ruck gab, bedeutete das schon intensive Reflexion.

Man muss ein wenig Geschichte wälzen, um Die Linke ganz zu verstehen. Sie ist also aus der PDS entstanden, die letztlich aus der SED entstanden ist. Die PDS war vor allem in den neuen Bundesländern aktiv und sorgte meiner Meinung nach vor allem für Kommunikation zwischen West- und Ostdeutschland. Da gab es eine Menge Erklärungsbedarf, die Menschen brauchten ihre eigene Stimme und waren froh, „ihre eigene“ Partei wählen zu können. In Westdeutschland sah man ehemaligen SED-Abgeordneten mit einer Menge Skepsis entgegen und so war die Partei kaum wählbar. Das stimmt jetzt hoffentlich, aber nur so ergibt die Geschichte Sinn, sonst hätte man später nicht eine neue Partei gründen müssen. Jetzt wird es etwas kompliziert. Mit dem Ziel, links von der SPD eine neue Partei zu gründen – und der Unterstellung, dass es dort Raum genug geben würde – schritt man dann zur Neugründung. Eigentlich nahm man Struktur, Personal und Geschichte der Partei mit – und behauptete so einen Führungsanspruch. Man sei bereits Teil der deutschen Geschichte und überhaupt, man sei im Recht mit der Kritik an der SPD, die zu weit in die Mitte gerückt sei. Den linken Anspruch der Grünen könne man für sich vereinnahmen und in Punkten Ähnliches behaupten, ohne jemals eine Suche nach eigenen Standpunkten hinter sich gebracht zu haben.

Man sieht, ich sehe das alles eher kritisch. Es sind wohl Meinungen – meine -, die man sonst eher in der CDU, oder auch bei konservativeren SPD-Mitgliedern findet. Meiner Meinung nach steht Die Linke heute ohne Programm dar, ohne Personal. Linke Politik zu machen, ist nicht unbedingt schwer, da gibt es etliche Positionen, die in den letzten 70 Jahren oft diskutiert worden sind und die oft besetzt worden sind. Nicht zuletzt sind wir, die BRD, das Land, in dem die KPD erstmal verboten werden musste und die SPD nicht wählbar war, weil sich dort lauter ehemalige Kommunisten mit entsprechenden Ansichten tummelten, die einfach extrem links waren. Eine linke Partei zu gründen, ist eine Idee für sich, aber so? Die Linke bezieht einen Teil ihrer Energie aus lebhaftem Populismus. Sie behauptet einfach, man könne Reiche mehr besteuern, man könne einen höheren Mindestlohn einführen, man könne einfach die Energiewende durchboxen, andere seien einfach ausländerfeindlich usw. Die rege Diskussion der Grünen fehlt, die Tiefe, die historisch gewachsene Tiefe und der historisch gewachsene Anspruch auf ein eigenes politisches Programm.

Die Grünen waren sich oft uneinig. Aber sie konnten sich einig darüber sein, dass sie Umweltschützer waren und gingen von dort aus in die Breite und besetzten Positionen jenseits dieser Themen, in Fragen, die sich aus der Friedensbewegung der 70er und 80er Jahre ergab. Es sind aktivistische Ansichten, umgewandelt in programmatische Positionen, die dort gehalten werden. Zu der ganzen Verwirrung um Die Linke kommen die beiden Punkte, dass man relativ schnell einen politischen Führungsanspruch verwirklicht hat – und dann die Politiker eigentlich ganz in Ordnung waren. Man konnte auf sie zählen und sie setzten Versprechen um, waren zuverlässig und relativ gewissenhaft. Nur sehr linke Politik war es eigentlich nicht, weder die, für die sie standen, noch die, die sie am Ende machten. Sie ließen sich von anderen überzeugen, Politik zu machen und konnten nur zeigen, dass es echte Politiker zur Linken geschafft hatten und die SPD bei den eigenen Karriere-Überlegungen außen vor ließen. Der zweite Punkt ist die Frage nach dem Kommunismus. Noch immer feiern Politiker von Die Linke den Geburtstag von Rosa Luxemburg. Will man also Linksextremismus predigen? Die Demokratie in Frage stellen? Das Geld als Prinzip aushebeln? Extreme Regulierung durchsetzen?

Theoretisch ist der Umgang mit waschechten Kommunisten immer interessant. Sie stellen spannende Fragen über die Natur unserer Gesellschaft und haben viele eigene Erkenntnisse dazu gefunden. Aber eine Brücke in die Realität zu bauen, ist nie einfach. Dazu war der Kommunismus nie da. Es ging immer darum, eine spezielle Welt vorzuspiegeln, eine Welt mit verwirklichten Idealen, eine Art Utopie, aber nie ging es darum, wie man eine Demokratie dahin weiter entwickelt und ob Demokratie an sich nicht wertvoll und unergründet genug ist, um bewahrt zu werden. Kommunisten sind keine Politiker, sondern Träumer. Sie begeistern mit Prinzipien, leben aber in ihrer eigenen Welt. Die Linke wird Stellung beziehen müssen, bevor man ernsthaft über Koalitionsoptionen nachdenkt.

So kommen wir zur Realität. Rot-Rot-Grün steht an. Was vor vier Jahren undenkbar war, wird jetzt wohl Realität, dafür will sogar die SPD kämpfen. Was wird passieren? Man kann fast versprechen, dass Die Linke fast alle ihrer extremen Positionen aufgeben muss, um so etwas zu ermöglichen. Die Grünen haben im Koalieren eine Menge Übung und wissen, was sie wollen. Welche Programme sind für Die Linke wichtig? Was soll unbedingt umgesetzt werden? So kalkuliert wohl die SPD: Ein einfacher Koalitionspartner, der gar nicht weiß, was er will, wenn, leider Gottes, dann einige Parteimitglieder Minister werden, kann man auf deren Zuverlässigkeit zählen, aber auch darauf, dass die Politik schon nicht so schlimm wird. Der Mindestlohn ist noch neu und war eine Gefahr für viele Überlegungen, damit wurden wir nicht zuletzt an der Uni konfrontiert. Man erhöht ihn nicht plötzlich. Die Steuern für Reiche sind in Deutschland relativ hoch, die Marktregulierung relativ intensiv, große Reformen strebt die SPD nicht an, bei der Energiewende ist Einiges offen, dafür stehen aber eher die Grünen, die bereits wissen, dass solche Positionen in einer Koalition durchaus umsetzbar wären. Man wird mehr investieren als bisher und wieder Geld ausgeben, gerade nach der geringen Neuverschuldung der letzten Jahre und jetzt dem ausgeblichenen Haushalt. Ob es mit der SPD eine Enthaltung beim Lybien-Einsatz gegeben hätte, ist fraglich, auch, wenn das irgendwie zur deutschen Geschichte gepasst hat.

Ist das das Fazit? Ist über Die Linke einfach nicht so viel zu sagen? Sie beeindrucken weder mit tiefsinnigen Persönlichkeiten, noch mit originellen politischen Konzepten. Sie verlieren sich in sinnlosen Machtkämpfen, die andere Parteien längst unter sich ausgefochten haben. Sie ist kein Teil der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und auch, wenn man anders tut, so könnte Die Linke auch einfach wieder verschwinden. Vielen Menschen würde das nicht Leid tun. Die Linke hat noch einen langen Weg der Selbstfindung und Professionalisierung vor sich, wenn daraus eine gute Alternative werden soll, die Grünen sind noch heute beeindruckt von der „neuen Idee“, einer Partei am linken Rand, und fragen sich, ob dort wirklich Platz dafür ist, oder ob es mehr Schein als Sein ist. Je ernster man Die Linke nimmt und je mehr man sie in die Pflicht nimmt, desto mehr wird sich zeigen, ob sie regierungsfähig ist und ob sie nach Deutschland gehört, wie sie behauptet. Wie gesagt, vielleicht – ist sie bald einfach wieder weg.

https://youtu.be/0UYM3GVRRRE

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