Nochmal zu den Flüchtlingen

Ich habe eine Weile Zeit gehabt, über das Flüchtlinge-Thema nachzudenken. Dieser Blog beginnt mit einem Beitrag zum Thema „Flüchtlinge“ und gerade steht das Thema eben wieder an, es gibt eine Menge Neuigkeiten seither und viele politische Veränderungen, ich hatte eine Weile Zeit zum Nachdenken – gestern wurde das neue „Integrationsgesetz“ verabschiedet, das als historisch gilt. Es gibt also eine Menge zu diskutieren…

Es sind jetzt über eine Million Flüchtlinge im Land, mittlerweile sind die Statistiken da und man kann sich recht sicher sein. Es kommen nach wie vor neue hinzu, aber nicht mehr so viele wie in den Stoßzeiten im letzten Jahr. Haben wir jetzt eine Million neuer Deutsche im Land? Es stimmt, dass man sagt, dass viele Leute gar nicht hier bleiben wollen, sondern lieber zurück in ihr Land gehen würden, aber letztlich weiß man aus der Erfahrung im Umgang mit Einwanderern, dass sie meistens bleiben. Deren Kinder lernen üblicherweise schnell und fließend deutsch und werden also in den nächsten Jahrzehnten einfach ein Teil unserer Nation werden. Es gibt eine Menge Ängste und Ideen – wie sehr sich das alles auf die Arbeitslosenstatistik auswirkt, ob es Sinn macht, neue Ein-Euro-Jobs einzuführen usw. -, aber im Großen und Ganzen sind sich alle einig, dass ein großer Schritt getan ist und man sehen muss, wie es weiter geht.

Zur AfD… Ich finde die AfD als Phänomen auch spannend, rein aus interessierter Sicht sagt sie nun einmal etwas über unsere Kultur aus, über die Welt, in der wir leben, die Denkweise der Menschen. Als Angela Merkel die Flüchtlinge willkommen hieß, wusste sie sicher genau, dass es in Deutschland Fremdenfeindlichkeit gibt. Das ist nichts neues. Das ist etwas, worüber wir als Gesellschaft nie überein gekommen sind. Ausländer sind nicht so leicht zu akzeptieren und gerade, wenn der Kulturkreis ein anderer ist, wie in den orientalischen Ländern, steht man eben ganz anderen Bedingungen, Gewohnheiten, Alltäglichkeiten und Grundsätzlichkeiten gegenüber, die nie einfach anzunehmen sind. Das ist bekannt und Angela Merkel stellte sich also nicht nur gegen die Unentschiedenheit in der Union, wenn es um die Aufnahme der Flüchtlinge ging, sondern auch gegen den Fremdenhass in der Bevölkerung.

Das ist eben die große Frage, die man zu einem Moment stellen muss. Ob wir uns als Menschen einfach ändern müssen, wenn wir die Flüchtlinge aufnehmen wollen, ob wir und jeder einzelne von uns an seinem wunden Punkt angegriffen wird und für sich hinterfragen muss, ob es nicht Sinn ergibt, die eigenen Haltungen zu überdenken und Ausländern künftig viel freundlicher und deutlicher und offener gegenüber zu stehen. Angela Merkel, die dieses Land auch moralisch führt, menschlich führt, dachte darüber nach und entschied eben, dass es wert wäre, die Auseinandersetzung mit denjenigen in der Bevölkerung aufzunehmen, die keine klare Haltung haben und sich bessern könnten. Das Ganze entlädt sich plötzlich in den Wahlen der AfD, überhaupt einer neuen Partei, die eigentlich mit einer Wirtschaftshaltung groß wurde und noch gänzlich neu im Fünf-Parteien-Spektrum ist. Menschen wählen AfD, weil sie tatsächlich davon überzeugt sind, ihre Meinung sagen zu müssen, aber vielleicht auch, weil sie wissen, dass sie damit gegen eine Wand fahren.

Eine Partei zu wählen, ohne Programm, ohne Persönlichkeiten, ohne Überzeugungen, mit einer jetzt schon unsoliden Geschichte – eine weitere Partei hat sich abgespalten -, ist nicht so einfach, wie man denkt. Nach den Wahlen sitzen die Wähler genauso zu Hause und fragen sich, was die Politiker jetzt mit ihrer Wahl machen, was andere davon halten und ob sie die Konsequenzen dieser Entscheidung tatsächlich tragen können. Es ist eben ein Versuch – rein politisch bewältigen Deutsche so ihren Fremdenhass und zwingen sich zur Auseinandersetzung mit Fragen, die schwer zu beantworten sind und mit Grenzen, die schwer zu überwinden sind. Aber wir sind alle Menschen und diesmal verlangt die Flüchtlingsfrage eben Entsprechendes von uns ab – die Änderung.

Das letzte, was mir aufgefallen ist, ist schon die Frage, wer sich mit den Flüchtlinge eigentlich beschäftigt, wen es betrifft. Es stimmt, das Bamf steht jetzt im Mittelpunkt der Debatte, das Amt, das die Anträge behandelt und entscheidet, wer da bleibt. Unterm Strich sollen die Leute ja da bleiben und nur die Extremfälle sollen wieder zurückgeführt werden. Die ganze Geschichte dieser Frage beginnt am Beginn des Flüchtlingsstroms letztes Jahr. Damals wird sich schon Angela Merkel gedacht haben, na Obama, wer trägt jetzt die Konsequenzen der verqueren Syrien-Politik? Denn plötzlich standen die Menschen vor der Tür und suchten Hilfe und Unterstützung und was konnten wir schon tun, außer dem Grundgesetz und unseren Neigungen zu folgen und darauf zu hören. Die eigentlichen menschlichen Konsequenzen tragen also wir, in diesem Falle die Deutschen. Auch nicht die deutschen Politiker oder die Ämter, sondern letzten Endes sind es die Betreuer der Ein-Euro-Jobs, die Menschen bei der IHK, die Lehrer in den Schulen, die Nachbarn, die plötzlich mit Flüchtlingen als Nachbarn konfrontiert sind und sie einfach zum Nachbarschaftskreis einladen. Wir übernehmen Verantwortung – ob wir wollen oder nicht. Wir tragen einfach die Konsequenzen die ganz woanders und aus ganz komplexen Gründen heraus getroffen worden sind.

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