Die ganze Welt redet über die US-Wahl und über das „überraschende“ Ergebnis. Meiner Schwester ging es aber wie mir: Wir hatten ein mulmiges Gefühl vor der Wahl, das einfach nicht loslassen wollte. Ich finde also, ich kann noch einige Gedanken dazu äußern, zu den verschiedenen Fragen, um die es dabei geht. Das Wichtigste ist gar nicht so sehr die Frage, wie es jetzt weiter geht, sondern schon die Frage, was aus den letzten acht Jahren wird, oft man diese Politik zurück nehmen kann, ob man sie nicht fortführen muss. Das interessiert mich viel mehr als die Frage, ob ein Krawallmacher das Weiße Haus besetzt hat.
Das sind also so die Anschuldigungen, Steinmeier nannte Trump unvorsichtig einen „Hassprediger“ und kommentierte so den Wahlkampf im eigentlich ja ganz fremden Land. Erstmal ist für mich Trump einfach kein starker Kandidat. Er hat viel „versprochen“, viel behauptet – zwischenzeitlich verschwinden ja sogar Forderungen von seiner Website, die bis zum Wahlabend darauf gestanden haben. Er hat viel herumgeschrien und viele Leute beleidigt, jedenfalls fiel er aus den üblichen Kandidaten deutlich heraus. Damit hat er die Vorwahlen, dann die Wahl gewonnen. Ein festes politisches Programm hat er nicht vorgelegt. Ein Politiker ist er eigentlich auch nicht. Reagan war immerhin 10 Jahre Gouverneur von Kalifornien, bevor er Präsident wurde und war tief im politischen System verwurzelt. Vor einem schwachen Kandidaten muss eigentlich niemand Angst haben. Viele der Ideen, die er hat, sind nicht legal und nicht realisierbar. Warum sollen die Mexikaner für so eine Mauer zahlen? Der Knackpunkt an den Immigrations-Fragen ist eigentlich auch keine Mauer, sondern die Frage, ob die illegalen Immigranten im Land wirklich ausgewiesen werden können. Sie sind ja nun schon alle da. Wie leicht es ist, zu immigrieren, steht auf einem ganz anderen Blatt. Trump steht jetzt in der Verantwortung, hart zu arbeiten und zu reagieren – aber woher soll er das schaffen? Die republikanische Partei unterstützt ihn nur bedingt, der Rückhalt in der Bevölkerung ist marginal, er hat mit einem hauchdünnen Vorsprung gewonnen, so viel ist sicher.
Das sind also einige Gedanken auf die Schnelle, einige Themen, es ist eine seltsame Zeit sagen die Leute. Der Populismus hält in unseren Demokratien Einzug… Eigentlich ist das eben schon auch die Regierung der Schwächlinge. Was soll es denn? Ist das nicht alles eine Reaktion auf den Völkermord in Syrien? Mittlerweile muss man den ja so nennen. Also, dieser Populismus stört maßlos und alle werden zu Hau-Ruck-Menschen dadurch. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, alle Populisten in die selbe Ecke zu stellen – Trump wird wirklich Präsident, die AfD ist nur ein Phänomen, Le Pen ist hoffentlich chancenlos als Präsidentin und der Brexit lässt sich durchaus abfedern und irgendwann wieder rückgängig machen. Das ist das erste, was ich einfach mal dazu sagen sollte. Auch, wenn es den Leuten nicht passt, eigentlich muss man das Land für Land anschauen. Hat es alles die gleiche Ursache? Leben wir wirklich in einer Zeit großer Politikverdrossenheit? Ich glaube, man muss warten, bis das alles wieder abebbt und dann nochmal aus Distanz darüber diskutieren. Grundsätzlich kam das alles sehr plötzlich und so schnell können diese Leute auch wieder verschwunden sein. Vielleicht waren ja die Piraten die ersten Populisten? Und – gibt’s nicht mehr…
Was das Erbe Obamas angeht… Das interessiert mich eben wirklich. Grundsätzlich können die USA gerne 4 Jahre lang still stehen, denn bisher gibt es kein großes Programm, das verfolgt werden soll. Der Schuldenberg soll „halbiert“ werden, aber es soll auch „niedrigere Steuern“ geben, so ein Unsinn… Reagan hat ja wirklich ein wenig die Wirtschaft ankurbeln wollen und große Programme dazu aufgelegt, aber das hier… Ich weiß nicht, ob man die Gesundheitsreform wirklich zurücknehmen kann. Ich glaube, der Schaden an den USA läge bei etwa 500 Milliarden Dollar. So viel müsste man heute aufbringen, das zurück zu nehmen – und stünde am Ende mit leeren Händen da, nämlich mit der Situation vor der Reform und die 20 Millionen Leute wären ja trotzdem versichert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich klappt. Der Wirtschaft geht es im Übrigen gut, die Arbeitslosigkeit ist unter 5%. Es gab die Aussage, die wurde nach Trumps Anschuldigungen mal hervor gekramt, dass die Arbeitslosigkeit für manche Schichten eben auch gestiegen ist, nur bestimmte Schichten seien adressiert worden. Das ist schon interessant – vielleicht kann Trump da ja etwas machen. Das wäre ja mal was… Aber ich hoffe lieber nicht so sehr, ich glaube, dazu bräuchte es schon einen Profi. Den Schuldenberg zu reduzieren, wäre durchaus ein republikanisches Unterfangen, aber es ist so eine Sache. Kann er das? Nur mit Beratern… So geht es weiter. Das Ganze klingt einfach ziemlich an den Haaren herbei gezogen.
Ich blicke wie immer positiv in die Zukunft und kann mir auf diesen Unsinn keinen so großen Reim machen. Wir sind relativ verwöhnt in Deutschland. Ich glaube immer noch, dass Politik von starken Persönlichkeiten gemacht wird und davon sehe ich da bisher keine.
Man muss noch etwas dazu sagen. Man kann es nämlich schon so sehen, dass Trump die ganze Wahl dominiert hat. Er hat eine Behauptung vorgelegt – das System sei schlecht, alles elitär, und wer zu lange im System tätig sei, würde den richtigen Blick verlieren usw. – und diese Behauptung hat die ganze Wahl dominiert. Richtig wäre es gewesen, FÜR etwas gewählt zu werden, so wie Bernie Sanders immerhin für viele neue Projekte stand. Eigentlich hat Obama ja eine Menge Projekte hinterlassen, die Immigranten einzubürgern, den Schuldenberg zu reduzieren, den IS besiegen, den Syrien-Konflikt beenden (und damit den eigentlich großartigen arabischen Frühling endlich nicht mehr wüten lassen, aber auch dessen Konsequenzen weiter begleiten, wie in Ägypten und in Libyen), die Gesundheitsreform weiter begleiten und ergänzen, einen neuen Richter einsetzen, der fair und ausgleichend wirkt – und die Rivalität zwischen den Parteien beilegen und eine echte Überparteilichkeit ermöglichen, so wie Obama es immer erträumt hatte. Die Wirtschaft sollte man sicher noch weiter stabilisieren, anstatt die vielen guten Impulse weg zu diskutieren. Für viele dieser Dinge hätte man im Wahlkampf eintreten können – insbesondere nachdem Obama fast alle Themen, die es überhaupt gibt, irgendwie angegriffen hatte und angegangen war.
FÜR etwas hat sich Hillary kaum wählen lassen, sie hat eine lange Wahl GEGEN Trump daraus gemacht, der also die Wahl entscheidend bestimmt hat. Aber wer das tut, gewinnt eben auch. Die Amerikaner wollen richtige Macher, die erstmal in der Wahl zeigen, wie sie Strippen ziehen und dastehen, wie sie Erfolge erzielen, wie sie kommunizieren. „An election reveals who you are“, meinte Michelle Obama mal, tja und Hillary Clinton…
Noch etwas. Man kann Hillary ja mögen, weil man viel von Bill Clinton hielt. Und es ist schon toll, denn eigentlich gab es noch nie eine so eigenwillige First Lady, die so politisch und so engagiert war, dass sie Präsidentin werden wollte. Da gab es viele „Firsts“. Aber ich fand immer, dass Hillary auf eine Art schon eine bessere Hausfrau war. Sie war nie Politikerin, sondern nur Anwältin, dann First Lady von Arkansas, dann First Lady, sie hatte keine eigene Karriere, sie hing immer an ihrem Mann. Sie ist heute 70 und ihre eigene Karriere begann im Grunde erst vor 15 Jahren als Senatorin, dann als Außenministerin. Damals wollte sie auch schon Präsidentin werden, mit dem Argument, sie würde ja alle kennen und würde sich in der Politik auskennen. Das hat ihr damals niemand abgenommen. Vor diesem Hintergrund hat es Trump geschafft, sie als „Teil des Systems“ darzustellen – das hat sie selbst einfach geglaubt und konnte es nicht widerlegen, obwohl es natürlich einigermaßen an den Haaren herbei gezogen ist. Es war schon eine merkwürdige Wahl und das dürfte auch die Erklärung für ihre Unbeliebtheit sein.
Man sollte das alles mit ein bisschen Humor nehmen. Es wird schon wieder…
https://youtu.be/_uLP1QYCgjE